Valentin Dessoy, veröffentlicht am 9. November 2016

Religion – Treiber von Inklusion und Exklusion

titelblatt2016-02Die diesjährige Herbstausgabe von futur2 ist online. Das Thema: Religion – Treiber von Inklusion und Exklusion, ein Thema mit besonderer, politischer Brisanz. Religion hat mit der eigenen Existenz zu tun. Sie verankert die Person in etwas, das jenseits des eigenen Zugriffs liegt und allem einen Grund gibt. In diesem Sinne ist Religion absolut und fundamental, fordert ganz, ähnlich wie die Liebe. Und Religion macht einen Unterschied, definiert die eigene Systemgrenze über Unterscheidungen: »wahr/ nicht wahr« und »fromm/ nicht fromm« bzw. »moralisch/ unmoralisch«. In diesem Sinne ist Religionen inklusiv und exklusiv zugleich, ganz im ursprünglichen Wortsinn, wie siamesische Zwillinge, wie Klaus Vellguth schreibt.

Auf gesellschaftlicher Ebene sind Verwerfungen vorprogrammiert, wenn sich Religion und politische Macht verbinden. Damit hat das Christentum schmerzhafte Erfahrungen gemacht. Dies beschreibt Claudia Garnier am Beispiel der Exkommunikation in mittelalterlichen Gesellschaften. Aladin El-Mafaalani macht deutlich, „dass die Entstehungsgeschichte der Idee von individueller Freiheit und Demokratie offenbar in Europa verortet, aber gerade nicht mit dem Christentum in Verbindung gebracht werden kann. Im Gegenteil: Nachdem sich das Christentum in Europa vollständig durchgesetzt hatte, sprechen wir vom Mittelalter – und damit einem Zeitalter, das im Vergleich zur Antike eher einem Rückschritt im Hinblick auf Freiheit und Demokratie entsprach.“ Erst durch Renaissance und Humanismus, durch Buchdruck, Reformation und Aufklärung wurde die christliche Religion – gegen erheblichen Widerstand der Kirche – gebändigt, relativiert und Europas so nach und nach demokratisiert.

Aktuell erleben wir erhebliche gesellschaftliche Verwerfungen, die teils religiös motiviert zu sein scheinen, teils aber genau umgekehrt, Religion fundamentalistisch instrumentalisieren, um die eigenen Machtinteressen auf diese Weise begründen und besser durchzusetzen zu können. Die Auseinandersetzung mit dem Thema scheint unerlässlich und ist zugleich hoch sensibel. Es geht um Kulturentwicklung und eine humane Zukunft, wie Gerhard Trabert schreibt.

Die Autoren dieser Ausgabe fokussieren unterschiedliche Aspekte und ringen um Positionen, die Kommunikationsräume öffnen und Dialog in Gang setzen können.

In der Rubrik „Bonustrack“, in der wir Artikel führen, die nicht zum Ausgabenthema gehören, steht diesmal das Bistum Essen im Mittelpunkt. In den zurückliegenden Jahren wurde der von der Deutschen Bischofskonferenz angeregte Dialogprozess intensiv geführt. Die Ergebnisse können sich sehen lassen.

Viel Spaß beim Lesen! Wir freuen uns über Feedback und Rückmeldungen.